Vor einigen Wochen sah ich im städtischen Veranstaltungs-Newsletter den Hinweis auf den 1. Tausch-Rausch in einem benachbarten Quartier. Die Infos auf dem Flyer (welcher mich nicht wirklich ansprechen würde…): Jede Frau bringt gut erhaltene Kleider, Schuhe und Accessoires und darf sich im Gegenzug von den mitgebrachten Kleidern & Co bedienen. Damit das ganze in einem unkomplizierten Rahmen stattfindet, gibts Kaffee, selbst gebackenen Kuchen und Proscecco zum Anstossen. Zur Unkostendeckung (wohl für die Raummiete) wird ein kleiner, symbolischer Beitrag erhoben.
Ich wollte schon lange mal an einem Kleidertausch mitmachen. Zudem ist es eine gute Gelegenheit, um endlich mal wieder den Kleiderschrank auszumisten und ohne Einzukaufen an „neue“ Kleider zu kommen. Obwohl ich mir nicht „ein Jahr ohne Einkaufen“ auferlegt habe (wie z.B. Nunu Kaller: Ichkaufnix die nach dem Jahr ein Buch geschrieben hat -> Rezession folgt), habe ich mir im letzten Sommer vorgenommen, nichts mehr Unnötiges einzukaufen und wenn Einkaufen, dann nur vertretbare Kleidungsstücke. Vertretbar heisst für mich: Kleider die möglichst fair und nachhaltig hergestellt sind und bei Naturprodukten möglichst aus biologischem Anbau. Bis jetzt konnte ich mich gut daran halten.
Am Samstagmorgen hiess es nun als erstes „Schrank ausmisten“. Ich habe dazu 4 Kategorien erstellt:
1. werde ich noch anziehen -> behalten
2. gut erhalten, aber habe ich schon lange nicht mehr angezogen: zu gross / Schnitt gefällt mir nicht etc. -> ab zum Tausch-Rausch
3. Kleidung / Schals etc, die ich nicht mehr trage, aber deren Stoffe mir gefallen -> in die Upcycling-Kiste
4. Kleidung, die ich mich nicht trau an den Tausch-Rausch-Event mitzunehmen -> lokale Hilfsorganisation oder ganz weg
Jedes Mal wenn ich meinen Schrank ausräume bin ich erstaunt, was ich da so finde und ich frage mich, warum ich einige Kleidungsstücke so selten trage. Ich mag eigentlich Röcke und Kleider, aber wenn es am Morgen schnell gehen muss, dann sind die Jeans eben schon am Einfachsten zum Kombinieren… (Vorsatz: Sich vermehrt am Abend die Garderobe bereit legen!).
Ein Kleidungsstück nach dem anderen wanderte auf Stapel 2, es kam einiges zusammen. Ich war froh, dass der Event gleich am selben Nachmittag stattfand, nicht dass ich dann (wie auch schon passiert) wieder auf die Idee komme und einiges wieder aus der Tasche nehme und zurück in den Schrank hänge. Zudem war es etwas einfacher „Kleider die mir gut gefallen aber nicht mehr passen“ auszusortieren. Heute wusste ich, wo sie hinkommen und konnte hoffentlich jemand direkt eine Freude machen. (Ist sonst bei Kleiderspenden nicht immer so transparent).
Gegen Nachmittag habe ich dann meine Freundin abgeholt. Beide konnten wir uns nicht richtig vorstellen, wie der Nachmittag ablaufen soll. Ich habe schon von Kleidertauschparties gelesen, an denen man am Abend vorher seine Kleidung abgeben muss und dafür eine gewisse Anzahl Jetons zum Einlösen am nächsten Tag erhält. Das hier tönt alles viel einfacher und unkomplizierter.
An der improvisierten Kasse wurden wir freundlich begrüsst, bezahlten unsere 5 Franken Eintritt und erhielten Anweisungen zum Konzept. Wir sollen unsere mitgebrachten Kleider und Accessoirs auf den Tischen nach Themen sortiert hinlegen. Im offenen Galeriegeschoss befindet sich dann die Garderobe, wo man die Kleider ungestört probieren könne. Mitnehmen könne man so viel wie man wolle, nach dem Motto: First come, first serve. Alle Kleider die am Schluss übrig bleiben, werden einem Hilfswerk gespendet oder man kann sie wieder mit nach Hause nehmen.
Es fiel uns zunächst grad schwierig, zuerst die mitgebrachten Kleider einzusortieren und sich dann erst durch die anderen Kleider zu schauen. Fast schon wie beim Ausverkauf, man wollte ja kein gutes Stück verpassen. Es gab ja alles nur 1x. Aber die Angst war unbegründet. Es war eine überschaubare Anzahl Frauen aller Altersgruppen anwesend, die Stimmung war gut und nie wurde einem was aus den Händen gerissen. Die Kleiderauswahl war gross und man fand Stücke von Billiganbietern wie auch von teureren Labeln und sogar einige Haute Couture Stücke.
Das Kleideranprobieren auf der Galerie war richtig amüsant. Das Organisationsteam hat sich Mühe geben und neben den 2 grossen Spiegeln hübsch mit Frühlingsblumen dekoriert. Neben mir probierte eine ältere Dame gleich zwei Shirts an, die ich mitgebracht hatte. Sie erhielt zahlreiche Komplimente und ich freute mich, dass das die Stücke eine passende Trägerin gefunden haben. Oft hiess es dann auch: „Wenn es dir nicht passt, darf ich es dann gleich anprobieren?“ und die Kleidungsstücke wechselten die Trägerinnen ohne wieder in die offene Auswahl zu kommen. Als ich ein Kleidchen probierte, welches wie angegossen passte, outete sich die ehemalige Besitzerin und gab mir gleich die passenden Pflege- und Stylingtipps. Was gibts besseres 😉
Da der Event auf 3 Stunden angesetzt war, kamen immer neue Frauen und damit neue Kleider, gar nicht so einfach sich da früher los zu reissen. Nach einem Aperol-Spritz und selbstgebackenen Muffins mussten wir unbedingt noch eine kurze Schlussrunde drehen 😉
Mein persönliches Fazit: Ich habe ca. 20 Teile mitgebracht und 5 mit nach Hause genommen (2 Kleider, 1 Hose, 1 Shirt und 1 Pulli). 2 davon sind aus dem Textilschweden (Diese Bezeichnung habe ich bei Nunu Kaller geklaut). Da gehe ich seit längerem nicht mehr einkaufen, aber so macht es für mich Sinn. Ich gebe den Kleidern ein 2. Leben und verlängere die Lebensdauer. Nix mit Fastfashion 😉
Nun bin ich gespannt wie sich die neuen Stücke in meinen Alltag integrieren. Ich habe mir vorgenommen alle 5 Teile in den nächsten 4 Wochen anzuziehen oder dann gleich wieder weiterzugeben.
Am Abend habe ich mir aus einem am Morgen aussortierten Oberteil ein Upcycling-Projekt realisiert und einen Loop genäht. Den einfarbigen Bio-Batist-Stoff habe ich bei Siebenblau in Berlin bestellt.
Für mich war das ein echt nachhaltiger Samstag.