Die Sucht nach der Exotik

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Ich bin in Japan. Auch wenn das nun wohl für viele von meiner Follwers ein grosser Grund ist, meinen Blog nicht mehr zu abonnieren…. 

Ehrlich gesagt, habe ich bei jedem Flug ein schlechtes Gewissen wegen der Umwelt. Aber die Sucht nach dem Entdecken ferner und fremder Länder ist einfach grösser. Und wie das so ist, mit dem „süchtig sein“ (kommt mir eigentlich sonst keine andere Sucht in den Sinn, der ich verfallen bin), irgendwann wird das Verlangen so gross, dass es einfach sein muss und eine Reise in ein Land mit einer anderen Kultur muss her…  das ist dann so alle 2-4 Jahre der Fall. Ich bin mir sicher, wenn mir die Umwelt total Wurst wäre, dann wäre ich mindestesn 3-4 x pro Jahr in der Luft, wie viele meiner Freunde. Ich muss jeweils echt aufpassen, dass ich diesbezüglich meinen Mund halte, weil insgeheim möchte ich ja auch gerne mal „kurz“ in andere Stadt fliegen übers Wochenende.
Und hier ist er: der Verzicht! Zu diesem Thema wird zur Zeit ja sehr viel geschrieben. Warum verzichtet man auf mehr Kleider, auf mehr Möbel auf ein Auto, bestimmtes Essen oder eben auf Langstreckenflüge? Wenn es einem eigentlich wichtig wäre oder man Spass daran hat? 

Ich sehe das etwa so: Wenn ich auf einen bestimmen Kauf oder eine Handlung verzichte, beziehungsweise mir etwas wünsche, diesen Wunsch aber nicht gleich erfülle, habe ich nachher, wenn es so weit ist, umso mehr Freude daran und geniesse es in vollen Zügen. Ich schätze es  mehr, weil ich darauf gewartet habe und wirklich weiss, dass ich es möchte. Nicht aus Langeweile, oder weil ich grad frustiert war und Lust auf Einkaufen habe. Auch mir ist es passiert, dass ich etwas kaufte und ziemlich bald dannach die Freude daran verlor. Und das hat nun nicht mit der Menge an Geld zu tun, die man ausgibt, je mehr Geld man zur Verfügung hat, desto teuer sind die sinnlos angeschafften Dinge. Oder haben all die Stars und sonstige Leute mit viel Geld wirklich richtig lange Freude an all dem Zeugs, das sie so kaufen? (Hier kommt mir grad Annie Leonard von Story of Stuff in den Sinn: 1/2 Jahr nach dem Kauf von Dingen ist gerade noch 1% in Gebrauch). 

Um meine Sucht nach Fremdem und wohl auch Exotischem zu kompensieren, versuche ich die meisten meiner Ferien und ein grosser Teil meiner Freizeit in der Schweiz oder dem nahen Ausland zu verbringen (und lebe natürlich auch sonst möglichst umweltbewusst). Nicht, dass es ein Zwang wäre, überhaupt nicht. Ich liebe Italien und den feinen Espresso, die schnuckeligen kleinen Dörfer im Piemont oder der Toskana, ich spaziere gerne durch deutsche Städte oder fahre mit dem Fahrrad beim grössten Regen durch das Tirol und entdecke das feine Essen und die Gastfreundschaft in der Steiermark.  Und was das beste ist: seit einigen Jahren habe ich das Wandern in den Bergen entdeckt: So was Geniales. (An dieser Stelle vielen Dank an Elvira!) Als Kind ein völliger Gräuel und jetzt mache ich es total freiwillig 😉 So viele schöne Dinge, die man in der nächsten Umgebung erleben kann… aber eben, das Neue, Ungewisse und Exotische fehlt mir wohl nach einer Weile dabei…

Wenn ich so darüber nachdenke, dann sind es wohl aber gerade meine Reisen, die mich so weltoffen gemacht haben und andere Kulturen und Traditionen so spannend finden lässt.  Meine erste lange Reise war mit 16,  mit Interrail nach Holland und Grossbritanien, in der der Zeit, bevor man alles per Internet organiseren konnte. Es hat Spass gemacht, war zum Teil anstrengend aber total interessant und ich habe viel über andere Kulturen und deren Verhalten gelernt. 

Inzwischen sind einige andere Länder und ganz viele Eindrücke und Bekanntschaften dazu gekommen, die zum Teil bis heute andauern. 

Und jetzt lasse ich mich auf das Abenteuer Japan ein. 

Was sind eure  Süchte, obwohl ihr euch für die Umwelt oder die Sozialverträglichkeit einsetzt? Wo habt ihr ein schlechtes Gewissen oder seid zu wenig konsquent? Oder gibts das bei euch nicht? 

Eure Lady Lynn

(Das ist mein erster Eintrag, den ich auf dem Ipad schreibe mit der WordPress-App, hoffe, es sieht einigermassen aus).

14 Gedanken zu „Die Sucht nach der Exotik

  1. Hallo Lady Lynn!

    Ich wünsche Dir einen wundervollen Aufenthalt in Japan! Genieße es in vollen Zügen und habe bitte kein schlechtes Gewissen. Wenn Du Dich dazu entschließt, dann steh dazu.

    Ich bin in den letzten 24 Jahren genau 1 x geflogen und da hatte ich einen Restplatz, aber wir waren natürlich mit dem Auto unterwegs in andere Länder, jedoch nur im näheren Umfeld. Es war aber keine Entscheidung für die Umwelt, mir gefällt es einfach in Italien, wo ich mich hauptsächlich aufgehalten habe.

    Aber es gibt schon Umweltsünden, die nicht sein müssten und das sind 2. Einerseits Schokolade, da bin ich echt süchtig darauf. Ich kaufe fairtrade aber trotzdem kommen die Zutaten von sehr weit weg her und werden in Alufolie verpackt, wenn ich auf Plastik verzichte.

    Und das zweite ist mein Auto, ich fahre zwar inzwischen sehr viel mit dem Fahrrad, aber manchmal bin ich echt faul oder ein Weichei, wenn es grauslich ist, dann fahre ich auch kurze Strecken mit dem Auto. Da habe ich wirklich ein richtig schelchtes Gewissen inzwischen.

    lg
    Maria

    • Liebe Maria. Gut zu hören, was andere als „Umweltsünden“ betrachten. Wenn ich all die Verpackungen anschaue, die hier in Japan wohl tagtäglich anfallen, da die Japaner(zumindest hier in Tokyo) ja kaum selber kochen, müsstest du wegen der Schokolade sicher kein schlechtes Gewissen haben. Unglaublich, was hier alles zwei oder gar dreimal verpackt ist. Dafür wird aber auch auf Recycling grossen Wert gelegt. Und wegen der Schokolade; der Kakao kommt hoffentlich per Schiff nach Europa…
      Was das Autofahren anbelangt: Zum Glück hat mir das nie wirklich Spass gemacht und bei uns zu Hause in der Stadt ist es auch nicht nötig. Und wenn man mal eins braucht gibts ja Carsharing. In der Schweiz haben wir da ein grosses Unternehmen (www.mobility.ch). Liebe Grüsse aus Japan, Lynn

  2. Erstens: dein Eintrag sieht sehr gut aus.
    Zweitens: Ich kann mich Maria nur anschließen und dir einen schönen Aufenthalt dort und viele neue Eindrücke wünschen. Ein schlechtes Gewissen brauchst du sicher nicht zu haben. Jeder von uns macht oder kauft irgendetwas, wo man denkt: sollte ich eigentlich nicht. Wenn man kritischer Konsument Richtung Minimalismus sein will, muss man dennoch nicht auf alles verzichten. Es gibt kein ’nur Schwarz‘ oder ’nur Weiß‘. Alles ist irgendwo dazwischen und jeder entscheidet für sich, was man für die Umwelt tut und was nicht.
    Also dann: Have fun in Japan 😉

    • Liebe Franka. Danke für deine Worte. Klar gibts nicht nur schwarz oder weiss. Aber als ich das letzte Mal meinen Footprint ausgerechnet habe, hab ich schon festgestellt, dass sich mein Reiseverhalten nicht grad positiv zeigt 😉 Aber eben, auf alles verzichten wäre einfach auch nicht richtig. Darum geniesse ich es nun umso mehr. Liebe Grüsse, Lynn

  3. Hello Lynn, das mit dem Kauffieber ist so eine Sache… Ich versuche mich selbst zu steuern, in dem ich mir eine Limite setze oder besser gesagt, einen Betrag pro Monat gutschreibe, mit dem ich mir kaufen kann, was ich will. Bei mir sinds 30.-. Das kann mal eine CD sein, einen Wasserkrug, ein Kleid. Alles Dinge, die ich nicht wirklich brauche, aber grosse Freude daran habe. Wenn etwas teurer als die 30.- ist, muss ich halt zwei, drei Monate warten. Mit dem Warten gewinnt die Sache noch mehr an Wert, genau so, wie du beschrieben hast. Mit der Limite kaufe ich 1. bewusster ein und 2. nichts Unnötiges, denn in einen Kaufrausch kann ich mit dem einmaligen Einkaufen pro Monat gar nicht mehr kommen. 🙂 Für weitere Tipps und Ideen bin ich sehr gespannt. Liebe Grüsse Ruth

    • Liebe Ruth. Tönt ja spannend, das mit den 30 Franken. Dann wird das Buget sicher nicht überzogen. Ich habe da so einen Fonds, den ich mir jeweils selber zulege: Immer wenn ich durch zusätzliches Arbeiten Geld verdiene (z.B. Tanzstunden geben, Vertretungsstunden in der Schule oder für jemanden auf Bestellung etwas Nähen) lege ich es auf die Seite und kaufe mir davon etwas Spezielles. Die Grösse fällt dann ganz unterschiedlich aus. Liebe Grüsse, Lynn

  4. Hallo Lady Lynn
    Ich habe Familie in Kolumbien und bin über Ostern auch hergeflogen. Und vor ein paar Wochen war ich auch schon mal hier wegen der Beerdigung meines Schwiegervaters.
    Ein schlechtes Gewissen mache ich mir deshalb nicht. Wichtig ist doch das Bewusstsein, im Alltag das zu tun, was man tun kann. Neulich habe ich einen Thread zum Thema Wattepads gelesen. Ich brauche diese zum Augenabschminken. Mein “Beitrag” bisher: mehrfach verwenden. So ein Wattepad kann eine Woche halten, ich benutze nicht so viel Mascara und sehe es nicht ein, wegen einmal Abschminken gleich den ganze Wattepad wegzuwerfen.
    In dem Thread gab es ganz tolle Tipps zum selber nähen (ich glaube, es war bei Maria), aber ich konnte mich dennoch einfach dazu nicht durchringen, obwohl ich selber gerne nähe.
    Die Blogs haben mich aber sensibilisiert, fair trade und Bio Baumwolle zu berücksichtigen. Darauf hatte ich vorher nicht so geachtet.
    Wenn Dein Gewissen beim Fliegen dennoch zwickt, könntest Du Dir überlegen, ob Du ein Ausgleichszertifikat für den CO2 Ausstoss, den Du mit dem Fliegen generierst, kaufst. Das ist zwar nicht das gleiche wie nicht fliegen, aber immerhin! Ich bin der Meinung, dass jeder kleine Beitrag zählt.
    Viel, viel Spass in Japan und vielleicht berichtest Du ja! Ich gehe morgen ein Interview mit dem kolumbianischen Schneider machen, der mir eine Bluse upcycelt, Beitrag folgt.
    Herzliche Grüsse aus Bogota
    Cornelia

    • Liebe Cornelia. Myclimate kenne ich, zum Teil kompensiere ich, vorallem, wenn es direkt beim Buchen möglich ist. Sobald man es später machen muss, vergesse ich es wieder. Danke für die Erinnerung 😉
      Ich wollte eigentlich über den Fashion Revolution Day (24. April) hier in Japan schreiben. Aber leiden nur in Tokyo Aktivitäten statt und wir sind an diesem Tag in einer anderen Gegend. Ich habe nun aber immerhin ein paar Läden gefunden, die Ethical Fashion anbieten, aber die Mode ist überhaupt nicht mein Stil. Aber vorher hätte ich mich sicher nicht darum gekümmert. So habe ich auch gleich Stadtteile kennengelernt, in denen ich sonst nie gewesen wäre.
      Bin gespannt auf deinen Bericht.
      Das mit den Wattepads habe ich auch gelesen. Wäre schon eine gute Idee, diese selber herzustellen. Immerhin Bio sind sie bei mir schon 😉 (Frage mich eh, warum es für Wegwerfartikel noch andere gibt…).
      LG aus Takayama, Lynn

  5. Viel Spaß in Japan. 🙂

    Ich glaube fest daran, dass auch Flugreisen irgendwann ökologisch in Ordnung sein werden.

    Ein Gedankenspiel: Hätte man eine Emissionsbilanz von genau null oder sogar eine negative Emissionsbilanz, wären Flugreisen selbst mit heutigen Umweltstandards kaum ein Problem.

    Es ist in meinen Augen immer auch eine Frage davon, was „sonst noch“ ist; auf einzelnze Tätigkeiten zu schauen bringt einen meiner Ansicht nach nicht sehr viel weiter.

    Insofern: Genieße deine Reise und all die neuen Eindrücke, die auf dich zukommen werden.

    Wenn ich ein bisschen kitschig werden darf: Wie sollen „Weltbürger“ aus dieser Welt hervorgehen, wenn wir alle immer nur zu Hause sitzen bleiben und überhaupt nichts von der Welt mitbekommen?

    • Wie glaubst du, dass man Flugreisen ökologisch anbieten wird? So wie ich dich verstehe, meinst du vor allem „ökologisch“ für jeden einzelnen, weil jeder sonst auf die Umwelt achten sollte. Ich finde genau wie du, dass man raus in die Welt muss, um ein gewisses Verständnis für andere Kulturen zu entwickeln. Bis jetzt geniesse ich es auf jeden Fall in Japan 😉

      • Schön, dass du Japan genießt. 🙂 Vielleicht schreibst du ja noch mehr darüber, was du erlebt hast – sobald du wieder Zeit hast? 🙂

        Zum Einen denke ich, dass sich die Energieffizienz der Flugzeuge immer weiter verbessern wird – ähnlich wie bei Autos.

        Zum Anderen denke ich, dass man auch Emissionen innerhalb eines bestimmten Systems betrachten muss. In einem anderen Blog habe ich z.B. über ein Projekt gelesen, bei dem man seine Auto-Emissionen berechnen kann – und gegen einen entsprechenden Betrag, der gespendet wird, werden diese Emissionen ausgeglichen, indem von dem Geld Bäume gepflanzt werden. Das finde ich eine extrem schöne Idee.

        Das Problem sind ja nicht unbedingt die Emissionen an sich – sondern dass es so viele an so schädlicher Stelle sind und dass sie eben momentan noch nicht ausgeglichen werden.

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